Gastvortrag von Siegfried Weischenberg „Brauchen wir überhaupt noch Journalismus?“

Donnerstag, 09. November 2017
Eine Frage, die der Kommunikationswissenschaftler bei seinem Vortrag an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen beantwortete. Vor rund 100 Studenten und Professoren ging es am Mittwoch um die Zukunft des Journalismus.

Prof. Dr. Siegfried Weischenberg ist einer der führenden deutschen Kommunikationswissenschaftler und ehemaliger Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes. Am Institut für Journalismus und PR mahnte der 69-Jährige: „Ohne Journalismus gibt es keine funktionierende Demokratie“.

Gefährdet sehe er diese durch eine „Legitimations- und Identitätskrise“, in der der Journalismus momentan stecke. Als Problemfelder nannte Weischenberg drei Trends in der Medienlandschaft.
Zum einen führe der Versuch, Leser zurückzugewinnen, bei einigen Verlagen zu einer Popularisierung der Inhalte. Zum anderen beobachte er, dass Redaktionen ihre Wahrhaftigkeitsansprüche reduzierten, wodurch Fakten keine Rolle mehr spielten. Als drittes Problemfeld führte der gebürtige Wuppertaler die Technisierung an. Es sei ihm wichtig, dass Plattformen wie Facebook nicht als Quellen dienen und User die Vorsortierung Ihres News-Feeds kritisch betrachten.

In Zeiten von Fake-News und immer geschickteren Techniken, Werbungen als journalistische Beiträge zu tarnen, liegt es also an Redaktionsleitern und Autoren, für eine Qualitätssicherung zu sorgen.
Bei dem Vortrag bekam auch das Spiegel-Jugendportal „Bento“, sein Fett weg. Weischenberg kritisierte das gezielte „Clickbaiting“ mit reißerischen Überschriften und irrelevanten Themen. Man dürfe „den Intellekt der Leser nicht unterschätzen“. Er forderte deshalb, dass sich Journalisten qualitativ hochwertigeren Inhalten widmeten.

Gleichzeitig ging Weischenberg allerdings auch auf das Problem der Finanzierung von Verlagen ein. Guter Journalismus sei in Anbetracht der sinkenden Auflagen derzeit kaum noch bezahlbar. Ein Modell wie das des Spiegels, die mit „Bento“ nicht nur neue Zielgruppen sondern mit Hilfe von „Native Advertising“ auch neue Einnahmequellen erschließen, scheint für Weischenberg jedoch nicht die richtige Lösung zu sein. Journalismus sei „eine Marke, die nicht auf dem Altar der Kommerzialisierung geopfert werden darf“.

Stattdessen forderte er staatliche Subventionen für ausgewählte Medien. Für diesen Vorschlag bekam Weischenberg bereits im Vorfeld reichlich Gegenwind. Im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Medien, sorgte diese Forderung auch im Nachgang des Vortrags für angeregte Diskussionen am Institut. 

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