Gastvortrag von Christine Westermann - Gute Fragen = Gute Sendung

Montag, 02. Juli 2018
Nach 50 Jahren Erfahrung im Journalismus machen Live-Auftritte die 69-jährige gebürtige Erfurterin nicht mehr nervös. Weder im Fernsehen, noch vor knapp 100 Studierenden der Westfälischen Hochschule. Wobei: „Im Fernsehen kann ich mich selbst nicht sehen. Dann möchte ich aufstehen und rausgehen.“

Rausgehen wollte während Christine Westermanns Gastvortrag aber niemand. Stattdessen folgten die Studierenden gebannt den Worten der Journalistin, Autorin und Fernsehmoderatorin. Auf den Tisch kamen Geschichten aus der Sendung „Zimmer frei!“, die sie zusammen mit Götz Alsmann 20 Jahre moderiert hatte. Doch genauso wichtig war Westermann zu erläutern, was eine gute Moderation ausmacht.

Der Schlüssel für jedes gute Interview sei die Vorbereitung. Selbst nach einem halben Jahrhundert im Journalismus kämen die Fragen nicht von selbst. „Gute Interviews klingen spontan, sind aber gut vorbereitet.“ Anderthalb Stunden Planung seien keine Seltenheit.

Dabei gehe es laut Westermann nicht nur darum, welche Fragen sie stellen möchte, sondern auch um die Recherche. Sich den Werdegang des Gesprächspartners einzuprägen und Jahreszahlen abrufen zu können, zeige Interesse und helfe dabei, das Gegenüber zu öffnen.

Trotzdem hielt sich die Moderatorin bei „Zimmer frei!“ nicht immer an den eigenen Gesprächsplan. Um ein gutes Interview zu führen, sei sie dem Interviewpartner auch mal gefolgt und auf ihn eingegangen. Dabei stelle sie auch persönliche Fragen. „Das ist ein Bauchgefühl, was geht und was nicht geht“, so die 69-Jährige.  Trotzdem müsse man persönliche von privaten Fragen trennen. Das Private müsse privat bleiben. Das seien zum Beispiel Fragen darüber, was in geschiedene Ehen schief gegangen sei.

Das Interesse am Menschen hat sich in vielen ihrer Gespräche ausgezahlt. Vor einem Interview mit Martin Schulz sprach die Moderatorin mit dem SPD-Politiker über seine Vergangenheit als Buchhändler und nahm ihm damit die Nervosität. Ein einfacher Satz wie „Ich bin mindestens genauso aufgeregt wie Sie“ half ihrem Gesprächspartner, sich verstanden zu fühlen und sich zu öffnen. Selbst, wenn der Satz nicht ganz der Wahrheit entsprach.

Das nicht jedes Interview gut laufen kann weiß auch die WDR-Moderatorin. Wenn es mal nicht so richtig läuft, rät Westermann zum offenen Umgang mit dem Gesprächspartner. Also fragen: „Was kann ich anders machen, damit Sie sich wohler fühlen?“

Im Anschluss drehten die Studierenden den Spieß um. Die kritischen Fragen der angehenden Journalistinnen und Journalisten beantwortete die Autorin so offen und ehrlich wie möglich.

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