Digitalisierung und Automation im Synthesepraktikum der Organischen Chemie

Automatisierungstechnik hält Einzug in die Chemie-Labore. Während Laborroboter im Bereich der Analytik inzwischen zum Stand der Technik gehören und das Laborpersonal bei der täglichen Arbeit unterstützen, ist die Synthesechemie derzeit noch sehr klassisch ausgerichtet. Bei der Herstellung eines Produktes im Labormaßstab sind es weiterhin Laborantinnen und Laboranten, die die Reaktanden im richtigen Verhältnis mischen und bei einer definierten Temperatur reagieren lassen. Die Reaktionsmischung wird danach händisch aufbereitet, um das Zielprodukt von Lösemitteln, Edukten und Nebenprodukten zu trennen. Viele dieser Arbeitsschritte können jedoch auch von einem Laborroboter erledigt werden. Dafür müssen die zukünftigen Chemiker-Generationen lernen, wie Laborroboter funktionieren, über welche Möglichkeiten sie verfügen und wo ihnen technische Grenzen gesetzt sind. Sie müssen die Reaktionsansätze auf kleinere Maßstäbe übertragen (down scaling) und die Arbeitsschritte in die Programmierung des Laborroboters übersetzen.  Im Rahmen des WH-Förderprogramms „DigiFellows“ haben sich Studierende des Bachelor-Studiengangs „Chemie“ ­– Jan Blocki, Johann Eierding,  Ana Langkamp und Marcel Peichert – zusammen mit ihren Professoren Mark Steinmann (Organische Chemie) und Ingo Tausendfreund (Instrumentelle Analytik) an die Arbeit gemacht, klassische Laborsynthesen zu automatisieren. „Wir mussten zunächst einen Laborroboter mit den notwendigen Werkzeugen ausstatten und dem System die einzelnen Komponenten und deren genaue Position beibringen“, erläutert Johann Eierding. Es folgte eine aufwändige Serie an Tests, bei denen das richtige Dosieren und Mischen von Chemikalien untersucht wurde. Jan Blocki weiß aus Erfahrung: „In ein 10 mL-Reaktionsgefäß darf der Roboter nicht einfach 8 mL der Reaktanden injizieren, da die Luft nicht entweichen kann und sich dadurch ein hoher Druck aufbaut. Wir mussten daher lernen, vor der Zugabe immer erst ein passendes Volumen an Luft aus den Reaktionsgefäßen zu ziehen.“

Erste Erfolge können die DigiFellows schon verzeichnen. „Der Laborroboter kann inzwischen Fruchtaromen und Paracetamol synthetisieren“, berichtet Ana Langkamp. Die Synthese weiterer Produkte ist in Planung und soll zukünftig auch direkt mit der passenden Analysentechnik kombiniert werden. Das langfristige Ziel ist es, aus dem Seminarraum heraus Synthesen zu planen, zu starten und die Reaktionen live zu verfolgen. Der Förderzeitraum des Projektes endet im März 2024.

Redaktionell verantwortliche Person nach § 18 Abs. 2 MStV:
Prof. Dr. Ingo Tausendfreund