2014 Forschung Gastdozenten São Carlos
Seit 2006 hat die Gelsenkirchener Abteilung „Physikalische Technik“ eine Forschungskooperation mit den entsprechenden Fachbereichen an der „Universidade Federal de São Carlos“, einer staatlichen Hochschule im Süden Brasiliens. Im Herbst kam Prof. Dr. Waldemar Zylka von einem vierwöchigen Forschungsaufenthalt in São Carlos zurück, der ihn außerdem in die Hauptstadt des Bundesstaates an die Universität von Saõ Paulo (USP) führte. Finanziert hat die Reise der Deutsche Akademische Austauschdienst und CAPES, was für „Fundação Coordenação de Aperfeiçoamento de Pessoal de Nível Superior“ steht und ein Förderprogramm des brasilianischen Erziehungsministeriums ist.
Text: Trikon, 1/2015; Barbara Laaser, Bild: Waldemar Zylka
Es geht um ferromagnetischen Kohlenstoff, ein Thema, bei dem der Laie verständnislos unbeteiligt bleibt, weil man magnetische Eigenschaften eigentlich nur von Metallen kennt, aber nicht von Kohlenstoff. Bei Fachleuten aber lässt das Thema die Augen leuchten: Kohlenstoff ist bioverträglich. Mit magnetischen Eigenschaften könnte er ein Mittel für die Anfertigung von diagnostischen Bildern sein, etwa bei Herzuntersuchungen.
Spezialist für die Erforschung der ferromagnetischen Kohlenstoffe ist Prof. Dr. Fernando Auraujo-Moreira aus São Carlos, der Gelsenkirchener Professor Waldemar Zylka kümmert sich als Mathematiker und Physiker um die Anwendung für bildgebende Verfahren in der Medizin. Eingebunden in die Forschung werden auch immer wieder Studierende der Westfälischen Hochschule. Und das sehr erfolgreich: Stephan Euting etwa hat für seine Masterarbeit über bildgebende Verfahren mit magnetischen Nanopartikeln 2012 den Gelsenkirchener Erich-Müller-Standortpreis als jahrgangsbester Absolvent erhalten. Anfang 2015 kommt mit Carlos Speglich ein Promovend aus São Carlos als Austauschstudent nach Gelsenkirchen.
Neben dem wissenschaftlichen Austausch pflegt Zylka auch immer den Lehraustausch als Gastprofessor. Aktuell hat er in São Carlos eine vierwöchige Vorlesung zum Thema der Anwendung von Physik in der Medizin angeboten. „Das ist auch immer eine Gelegenheit, die Stärke der Westfälischen Hochschule als Austauschhochschule in Brasilien bekannt zu machen“, so Zylka, „denn von Brasilien aus wirken Deutschland und Gelsenkirchen häufig mindestens unbekannt, wenn nicht schon wegen des als nasskalt verschrieenen Wetters unattraktiv.“
Im kommenden Sommer wird es erneut einen Studentenaustausch geben. Dann geht ein Gelsenkirchener Master-Student nach São Carlos, ein brasilianischer Student kommt nach Gelsenkirchen, allerdings nicht von São Carlos, sondern von der Universität Saõ Paulo (USP), der größten Universität Brasiliens und einer der größten Universitäten Lateinamerikas. Die USP war während der diessemestrigen Brasilienreise Zylkas zweites Ziel. Dort wird gerade ein Sieben-Tesla-Magnetresonanztomograf installiert, der erste MRT in Südamerika mit einer solch hohen magnetischen Flussdichte, berichtet Zylka. Sein Forschungsprojekt soll die elektromagnetische Verträglichkeit des neuen Untersuchungsgeräts berechnen. Genutzt wird der MRT auch für ein weiteres Forschungsprojekt von Zylka, nämlich zur Berrechnung patientenspezifischer Tumormodelle, um damit die Behandlung exakt auf den einzelnen Patienten abstellen zu können. Die Deutsch-Brasilianerin Thaís Roque, ebenfalls eine Absolventin aus der Ideen- und Betreuungsschmiede von Waldemar Zylka, hat für eine Bachelorarbeit zu diesem Thema ebenfalls den Gelsenkirchener Erich-Müller-Standortpreis erhalten, im Jahr 2013. Inzwischen ist Roque nicht nur Masterabsolventin im britischen Oxford, sondern hat dort auch angefangen zu promovieren.
Eine Wiederauflage soll auch die deutsch-brasilianische Zusammenarbeit im Rahmen des UNIBRAL-Förderprogramms geben. In diesem Namen erkennt man bei genauem Hinkucken die Buchstabenfolgen „UNI“ für Hochschule, „BR“ für Brasilien und „AL“ für Deutsch auf Portugiesisch: alemão. Ab 2016 sollen über vier Jahre jährlich fünf Studierende aus den beiden Partnerländern die Möglichkeit zum Studienaustausch bekommen. Dabei bekommen sie ein Stipendium, das nicht nur die Reisekosten, sondern auch die Lebenshaltungskosten für bis zu zwei Semestern im Zielland bezahlt. In Betracht kommt das für Bachelor-Studierende der physikalischen Technik ab dem vierten Semester und alle Master-Studierenden, da sie nach Möglichkeit im Rahmen des Austauschs auch direkt ihre Abschlussarbeit an der Partnerhochschule schreiben können. Noch ist also Zeit, im Sprachenzentrum der Westfälischen Hochschule rechtzeitig die nötigen Kurse für brasilianisches Portugiesisch als sprachliche Vorbereitung zu belegen.