Urheberrecht in der Lehre und Forschung

 

Am 1. März 2018 ist das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) in Kraft getreten. In diesem Gesetz sind die Regelungen zur Nutzung von urheberrechtlich geschützten Materialien für Unterricht und Wissenschaft in den §§ 60a bis 60d zusammengefasst. Im Vergleich zu den bisher maßgeblichen Bestimmungen wird die Rechtssicherheit deutlich erhöht. 

 

Gesetzlich erlaubte Nutzungen für Unterricht und Wissenschaft (§§ 60a ff UrhG)

§ 60a Unterricht und Lehre

Für die Veranschaulichung von Unterricht und Lehre dürfen bis zu 15 % eines veröffentlichten Werkes für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Lehrveranstaltung zu nicht kommerziellen Zwecken vervielfältigt oder verbreitet werden.

Zum Kreis der Teilnehmer gehören neben den Studierenden und Lehrenden auch Prüferinnen und Prüfer sowie Dritte, die zur Präsentation des Unterrichts nötig sind. Der Zugriff auf die Inhalte muss auf den Teilnehmerkreis beschränkt sein, z.B. durch Einschreibeschlüssel.

Abbildungen, einzelne Beiträge aus Fachzeitschriften oder wissenschaftlichen Zeitschriften, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke dürfen vollständig genutzt werden. Diese Ausnahme der vollständigen Nutzung gilt nicht für sonstige Zeitungen und Zeitschriften (also insbesondere Tageszeitungen und Publikumszeitschriften) – für diese Werke gilt die 15%-Nutzungsbeschränkung nach § 60a) Abs. 1 UrhG.

Die Schranken der Werknutzung finden sich in § 60a) Abs. 3 UrhG. Danach dürfen weder Live-Veranstaltungen (Nr. 1) noch Schulbücher (Nr. 2) oder bestimmtes Notenmaterial (Nr. 3) vervielfältigt oder verbreitet werden.

Die Regelungen des § 60a UrhG gelten nicht für die Verlinkung auf lizenzierte E-Books und E-Journals der Hochschulbibliothek sowie für die Verwendung alternativer und unbedenkliche Materialien.

 

§ 60c Wissenschaftliche Forschung

Auch zum Zweck der nicht kommerziellen wissenschaftlichen Forschung dürfen bis zu 15 % eines Werkes vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dazu gehören neben den Personen einer Forschungsgruppe auch einzelne Dritte, soweit dies der Überprüfung der Qualität der wissenschaftlichen Forschung dient. Für die eigene wissenschaftliche Forschung dürfen bis zu 75 % eines Werkes vervielfältigt werden.

Abbildungen, einzelne Beiträge aus Fachzeitschriften oder wissenschaftlichen Zeitschriften, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke dürfen ebenfalls vollständig genutzt werden, vgl. § 60c) Abs. 3 UrhG.

Auch hier findet die zulässige Werknutzung nach § 60c) Abs. 4 UrhG ihre Schranke in der Verbreitung von Aufnahmen von Live-Veranstaltungen.

 

§ 60d Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung

Mit dieser Vorschrift möchte der Gesetzgeber das Potenzial der technischen Datenanalysemethode, dem Text und Data Mining, für die wissenschaftliche Forschung nutzbar machen. Text und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen, vgl. Legaldefinition in § 44b UrhG.

Der § 60 c) UrhG regelt die zulässige Vervielfältigung von Werken für das Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung.

Zur Vervielfältigung berechtigt sind Forschungsorganisationen (darunter explizit auch Hochschulen), die nicht kommerzielle Zwecke verfolgen, sämtliche Gewinne in die wissenschaftliche Forschung reinvestieren oder im öffentlichen Interesse durch einen staatlich anerkannten Auftrag tätig sind.
Nicht berechtigt sind Forschungsorganisationen, die mit einem privaten Unternehmen zusammenarbeiten, das einen bestimmenden Einfluss auf die Forschungsorganisation und einen bevorzugten Zugang zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung hat.
Berechtigte Vervielfältigungen dürfen zudem für nicht kommerzielle Zwecke einem abgegrenzten Personenkreis für deren gemeinsame wissenschaftliche Forschung sowie Dritten zur Überprüfung der Qualität der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht werden. Nach Abschluss dieser Tätigkeit ist die Zugänglichmachung zu beenden.

Zu beachten ist, dass § 60 c) UrhG nur dann zur Anwendung kommt, wenn die genutzten Digitalisate in urheberrechtlich Weise relevant sind – kurz: Es geht vor allem um die urheberrechtlich relevante Vervielfältigung wesentlicher Teile eines urheberrechtlich schutzfähigen Werkes, wie z.B. einer Datenbank. Denn Text und Data Mining stellt in der Regel keine urheberrechtlich relevante Handlung dar, wenn nur reine Daten in Form von Sachinformationen, nicht aber der geistig-schöpferische Inhalt der analysierten Digitalisate genutzt wird.

 

§ 60h Angemessene Vergütung der gesetzlich erlaubten Nutzungen

Für die Nutzung seiner Werke hat der Urheber grundsätzlich einen Anspruch auf angemessene Vergütung, der nur über eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann.

Ausgenommen sind die vergütungsfreien Nutzungen nach § 60h) Abs. 2 UrhG, insbesondere die Vervielfältigung im Rahmen des Text und Data Mining (Nr. 3).

Die Höhe der angemessenen Vergütung kann sowohl pauschal als auch, sofern eine nutzungsabhängige Berechnung gewünscht ist, durch repräsentative Stichproben ermittelt werden.

Redaktionell verantwortliche Person nach § 18 Abs. 2 MStV:
Klaus Hildebrandt